Günter Pfeifer
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Mensch - Klima - Architektur
Das kybernetische Prinzip




Die Geschichte der Architektur hat sich aus dem Kontext des
Klimas und der Physis des Ortes entwickelt, weil der Mensch von
jeher seine Behausung nach dem Klima eingerichtet hat. Diese
Architekturprinzipien haben sich von Generation zu Generation
weiter entwickelt. Man lernte voneinander und gab das Wissen
weiter. Jeder Entwicklungsschritt baute auf den Erfahrungen der
vorangegangenen Schritte auf. Doch aus dem architektonischen
Prinzip der fortdauernden Evaluation haben wir mit Beginn der
Industrialisierung den Veränderungszyklus immer wieder mit
Technik erweitert.

Die Debatte, die unter dem Stichwort "Nachhaltigkeit" geführt wird,
ist vor allem eine technologische, die fast ausschließlich der
Energie-effizienz gewidmet ist. Dabei hat sich Nachhaltigkeit
bislang keines-wegs zu einer Art architektonischer Programmatik
entwickelt und ist auch nicht der Architektur immanent.
Der Gesetzgeber hat die Energieeinsparverordnung (ENEV) auf
der Struktur der Minimierung von Energieverlusten aufgebaut.
Deshalb werden die Gebäude möglichst hoch gedämmt und so
abgedichtet, dass Transmissions- und Lüftungsverluste minimiert
werden. Die DIN-Normen, die der ENEV zugrunde liegen,
berücksichtigen nicht solare Wärmegewinne, die über
entsprechende Wand- und Dachkonstruktionen generiert werden
können.
Das "kybernetische Prinzip", das wir als architektonisches Prinzip
verstehen, berücksichtigt in besonderer Weise die solaren und
geothermischen Potentiale, die schon immer Teilelemente der
authochtonen Architektur waren.






Denn was ein Gebäude leisten muss, lässt sich an einer Hand
abzählen, nämlich: Sammeln, Verteilen, Speichern, Schützen, und
Entladen. Genauer heißt das, dass wir die im Überfluss vorhandenen
solaren Energien sammeln müssen, um sie in direkte Wärme
umzuwandeln und dass wir dafür sorgen müssen, dass diese
Energien richtig im Gebäude verteilt werden. Des Weiteren müssen
wir dafür sorgen, dass wir möglichst viel von diesen Energien
speichern, wenn diese nicht sofort genutzt werden können, und wir
müssen das Gebäude vor Energieverlusten schützen. Zuletzt müssen
wir dafür sorgen, dass wir überschüssige Energien wieder entladen
können, also für Auskühlung sorgen. Mit thermodynamischen
Simulationen können heute die äußeren Bedingungen wie der
Standort (Topografie, Wind, Besonnung) in ein richtig entworfenes
Raumgefüge mit dessen Konstruktion so eingearbeitet werden, dass
sich die dynamischen Wirkungsweisen aller Teilelemente zu einem
Ganzen mit hoher Interdependenz konfigurieren lassen.

Dieses Planungsprinzip, das wir "kybernetisch" nennen, umschreibt
damit das System eines Wirkungsgefüges, dessen Elemente durch
unmittelbare gegenseitige Einwirkung miteinander verbunden sind.
Das Wichtigste allerdings ist die perfekte Verknüpfung aller passiven
Elemente - solare und geothermische Einträge, Verteilung,
Speicherung und Thermik - mit den noch erforderlichen technischen
Möglichkeiten. Denn all diese Teilelemente müssen in einem sorgsam
interdependenten Prozess aufeinander abgestimmt werden. Jedes
dieser Teilelemente ist an sich selbstständig, aber nicht unabhängig
in der Wirkungsweise. Das sind die Grundsätze eines neuen
ganzheitlichen Denk- und Planungssystems.